Update 2018-06-07: Die Zubegleiterin hat offenbar gelogen: Richtigstellung angefügt
Die ÖBB bieten günstige Fahrkarten für längere Reisen ab 150 Kilometer an, die unter Sparschiene verkauft werden. Wenn man Glück hat und im beschränkten Kontingent seine Wunschdestination ergattert, kann man durchaus um 35 Euro von Graz nach Prag fahren. Das ist preismäßig kaum zu schlagen, wenn man die Bequemlichkeit einer Zugfahrt mit den Unbequemlichkeiten einer Busfahrt vergleicht.
Doch es ist nicht alles Positiv an der Sparschiene.
Ein Nachteil der Sparschiene ist, dass man genau eine Verbindung nutzen kann. Das bedeutet, dass man beispielsweise genau den Zug um zehn Uhr sechsundzwanzig von Graz nach Prag nehmen muss und nicht den davor oder danach.
Nun sitze ich gerade im Zug von Prag nach Graz. Neben mir saß eine Gruppe von älteren Damen, die gerade von Prag zurück in die Wachau reisen. Bei der Abfahrt in Prag fuhren wir sechs Minuten später los. Beim Umsteigen in Wien hatten die Damen den gegenüberliegenden Zug am gleichen Bahnsteig zu erwischen. Laut Plan hatten sie dafür fünf Minuten Zeit.
Wir kommen mit fünf Minuten Verspätung in Wien Hauptbahnhof an. Der entsprechende Zug steht noch am Bahnsteig. Die Damen sprinten auf die nächste Tür des RailJets zu, drücken dessen Öffnen-Knopf und in diesem Moment beginnt der Zug sich zu bewegen. Denkbar knappest versämt.
Laut Gespäch mit der Zugbegleiterin haben die sieben Damem somit ihre weiteren drei Teilstrecken (noch zwei Mal Umsteigen) bis in die Wachau verloren. Abgesehen von den zeitlichen Problemen, heute noch in angemessener Zeit nach Hause zu kommen, müssen sie sich neue Fahrkarten kaufen.
Somit relativiert sich der preisliche Vorteil der Sparschiene enorm. Züge warten nicht auf Verbindungszüge und der Konsument bleibt auf den Mehrkosten sitzen. Das finde ich alles andere als gut.
Auf der ÖBB-Seite von den FAQs steht zum Thema Fahrkartenkauf, dass man am Automaten eine bestimmte Zugverbindung auswählen muss. Standardkarten sind allerdings nicht gebunden. Das wird höchst wahrscheinlich nicht immer so bleiben. Spätestens, wenn die ÖBB beginnen, für verschiedene Tageszeiten für die selbe Verbindung verschiedene Preise zu verlangen (Stoßzeitenzuschlag), werden auch normale Fahrkarten eine Zugbindung haben.
2018-06-07 Update mit Richtigstellung:
Offensichtlich war die Auskunft der Zugbegleiterin falsch:
Sie hat aber auch keine Anstalten gemacht, irgendetwas auf die Fahrkarten zu notieren, falls es sich mit dem Anschlußzug doch nicht ausgeht.
Aber gut zu wissen, dass man auch mit Sparschiene einen Folgezug bei ÖBB-Verschulden nutzen darf.
Auch Echelon berichtet davon, dass das so funktioniert:
Dann muss ich meine falschen Aussagen revidieren und den schwarzen Peter auf die fehlinformierte Zugbegleiterin schieben. Wer, wenn nicht die Zugbegleiter, sollten in solchen Situationen bescheid wissen?
Und weiterhin ziemlich schade, dass nicht einmal die großen RailJet-Anschlussverbindungen am selben Bahnsteig aufeinander warten.