Was man nicht alles so lernt, wenn man eine BBC-Doku zum Thema Kirche und Sexualität sieht. Ein anerkannter Kirchenhistoriker der Universität von Oxford, Diarmaid MacCulloch, schrieb das Drehbuch und präsentierte auch selbst. Die Recherchequalität stelle ich deshalb nicht in Frage.
Die Dokumentation gibt es in drei Teilen. Ich fand online die Teile eins, zwei und drei. Die beiden letzteren allerdings seltsam eingedunkelt an den Rändern. Es gibt sicher bessere Quellen. Der letzte Teil ist bis 2015-07-20 noch in der ORF TV-Thek zu sehen.
Anbei ein paar wenige herausgepickte Notizen meinerseits aus der Fülle der interessanten Fakten aus der Geschichte vor den Christentum und durch das Christentum. Ich hatte dabei nicht nur ein Aha-Erlebnis, sondern viele.
Teil eins
- Judentum: Ehe (inklusive Vielehe bis ins 11. Jahrhundert) zwecks Fortpflanzung als Mittel gegen das Aussterben
- Altes Testament: Homosexualität (interessanterweise nur zwischen Männern erwähnt) gleich übel wie Bartstutzen, Tatoo machen oder das Tragen von Mischgewebe als Kleidung
- Christenheit tritt hier wieder als Designer-Religion an
- Übernehmen von Teilen von Philosophien von Griechen und Römern
- Platon: Welt des Fleisches ist schlechter als Welt des Geistes (Höhlengleichnis)
- Aristoteles: Masturbation ist Verbrechen, da männlicher Samen ganze Nachkommen beinhaltet (Frau nur als Gefäß)
- Übernehmen von Teilen von Philosophien von Griechen und Römern
- Griechen: (Homosexuelle) Beziehungen zwischen Älteren und Jüngeren war verbreitet wie Mentorenschaft (Einführung in die Gesellschaft)
- der Jüngere musste der passive Part sein, der Ältere der aktive
- Akzeptiert waren nur Jünglinge zwischen Einsetzen der Pubertät und dem ersten Bartwuchs
- Vor den Christen:
- verbreitet Scheidungen und Ehebruch normal und üblich
- Ehe hatte nichts mit Religion zu tun: weltlicher Vertrag für Kinder
- Priester gab maximal seinen Segen
- Jesus sagt im Neuen Testament nichts zu Homosexualität oder Zölibat!
- Paulus prägte erstmals in der Christenheit die Regeln bezüglich Sexualität
- Zölibat in seinen Briefe muss man vor den Hintergrund verstehen, dass er glaubte, der Weltuntergang steht unmittelbar bevor
- ein ablehnender Satz zur Homosexualität
- der einzige im neuen Testament!
- nebenbei interessant: Frauen und Männer werden auf gleiche Ebene gestellt
- die Einführung vom Klöstertum waren Einfluss aus dem Buddhismus
- kommen in der Bibel in keinster Weise direkt vor!
- Konstantin der Große übernahm Christentum als Staatsreligion
- "ein Gott" (vs. Vielgötterei davor) war praktischer als Gegenpart zu "einem Kaiser"
- Gewaltsam unterbundene Vielfältigkeit des frühen Christentums
- diverse Alternativversionen der Testamente wurden aktiv gejagt und vernichtet, sodass das Zeugnis-Argument des neuen Testament diverser Kirchenvertreter lächerlich macht: "warum sind die Evangelien so deutlich übereinstimmend, wenn man die Existenz des historischen Jesus leugnet?"
- Sünde als Einnahmequelle der Kirchen: Bußbücher
Teil zwei
- erst ab dem 11. Jahrhundert entdeckte die christliche Kirche die Ehe als Mittel zur Machtausübung
- vorher ein rein ziviler Vertrag, jederzeit ohne Erlaubniseinholung möglich
- danach ein Veto-Mittel bzw. Geldeinbringung
- Zölibat der Priester entstand erst kurz danach
- davor waren Priester ganz normal verheiratet
- Zölibat war zur Machterhaltung wichtig
- es wurde danach sogar Sex in der Ehe eine Sünde!
- allerdings wurde Homosexualität in Klöstern offen gelebt
- Kirche baute und betrieb Bordelle, um Macht über Sex zu haben!
Teil drei
- mit einer Konkurrenzsituation zwischen mehreren Kirchen gibt es durchaus auch Neuüberlegungen in Richtung Lockerung einiger Regeln
- im 18. Jahrhundert wurde die Zivilehe wieder eingeführt
Fazit
Im Gegensatz zu der herrschenden christlichen Lehre sind Zölibat, der Böse in der Homosexualität und andere Dinge keinesfalls fixe Dinge in der christlichen Religion.
Menschen im Dienste der Kirche haben sich für sie hilfreiche Dinge zurechtgeschustert und dann von Gott gewollt erfolgreich verkauft. Winzige Passagen - oftmals im Widerspruch zu anderen Passagen der Bibel - wurden aus dem Kontext gerissen, um den kirchlichen Machtausbau in der Gesellschaft zu ermöglichen.
Der Sex war nicht immer etwas Schlechtes - auch nicht in den Augen der Kirche.
Die Ehe war jahrhundertelang nicht mal ein Sakrament! Priester betrieben Bordelle und waren ganz normal verheiratet. Homosexualität wurde von der Kirche sogar positiv gefeiert und quasi zelebriert. Und ich meine hier nicht die zahlreichen Skandale, wo Kirchenvertreter sich an Kinder vergingen.
Was soll man da noch von dem halten, das die Kirchenvertreter uns aktuell immer noch als Wille Gottes aufdrängen?