Das war er nun. Einer der fürchterlichsten Wahlkämpfe, die Österreich bislang gesehen hat. Und meiner Meinung nach auch der am heftigsten gehypte. Ich kann mich nicht erinnern, so viele Fernseh-Diskussionen gehabt zu haben wie die letzten Wochen. Dabei kamen die wichtigen Themen gar nicht vor.
Wahlkampftragik
Die Themen, die in den Medien dominierten waren vor allem die Ausländer (schon wieder) und die schmutzigen Wahlkampfaktionen. Letztere hauptsächlich von SPÖ und ÖVP. Dabei finde ich die Facebook-Postings der FPÖ großteils wesentlich schlimmer als die von den dummen Fake-Seite vom gefeuerten Wahlkampfhelfer. Über die skandalöse FPÖ-Propaganda sprach wiederum niemand.
Der Sebastian wird mit seinen Jüngern (sic!) als Neuigkeit verkauft, als ob die ÖVP nicht mehr existieren würde. Dabei hat seine Partei mehr Verantwortung über die Fehlentwicklungen in unserem schönen Staat als die ÖVP. Die sitzen seit fast drei Jahrzehnten durchgehend in der Regierung. Und wie bei jeder Wahl fordern sie Erneuerung. Ich finde es schade, dass die Mehrheit das nicht so lächerlich einschätzt wie es tragischerweise ist.
Schwarz-blaues da capo
Die Zeichen stehen auf eine erneute schwarz-blaue Koalition. Dabei hat uns die vorige schon gezeigt, wie schlimme Auswirkungen das hat.
Nicht nur im Ansehen Österreichs, wo eine deklarierte rechts-außen-Partei mit hunderten dokumentierten und oftmals auch durch Gerichtsurteile bestätigten Nazifällen für Beschämung sorgt.
Auch Strache hat eine nachweisliche Nazi-Vergangenheit, die er leugnet, wo es nur geht.
Ich nenne noch die Milliarden, die wir in offensichtlich ungeeignete und zugleich überteuerte Kampfflugzeuge gepumpt haben. Die wollen wir nun so rasch wie möglich loswerden. Das Geld hätten wir extrem dringend für wichtigere Dinge gebraucht. Billigere Lösungen zur Luftraumüberwachung wurden offenbar wegen vier vielen Millionen Euro an Schmiergeldzahlungen verworfen. Schwarz-blau wohlgemerkt.
Weiters gab es noch unseren pech-schwarzen lieben Ex-Innenminister Strasser, der sich erwischen hat lassen, wie er seine EU-Stimme gegen Geld verkauft. Schwarz.
Oder die Telekom-Affäre, die uns ebenso zugesetzt hat. Schwarz-blaue Kooperation.
Und dann war dann noch die Affäre rund um den Verkauf von BUWOG-Imobilien, die wiederum von einem blauen Sumpf verursacht wurden. Eine blaue "Erfolgsgeschichte".
Die wichtigen Dinge
Dabei sollte es um etwas ganz anderes gehen: wie können wir möglichst rasch zu einem Konzept kommen, das Österreich für die kommenden Jahrzehnte fit macht. Das sollte die zentrale Idee sein, von der wir ausgehen. Und nicht so kleinliche Dinge wie "welcher Kandidat hat gestern im Fernsehen den anderen besser runtergemacht" und so weiter.
Wir haben fünf vor zwölf in sehr vielen Bereichen. Die Zunahme von Akzeptanz von rechts-außen Positionen von ÖVP und FPÖ schiebe ich auf mangelnde Bildung. Offenbar haben die Leute nicht nur die teuren Skandale vergessen, sondern auch die Auswirkungen von Abschottungspolitik à la "wir zuerst" oder "Grenzen dicht". Nicht falsch verstehen: ich bin auch dafür, dass man Grenzen kontrolliert und ungezügelte Einwanderung besser regelt. Jedoch sind das nicht die wichtigen Themen, wenn man sich Kosten und Auswirkungen objektiv ansieht.
Wir brauchen ein effizienteres Bildungssystem, um nicht in zwanzig, dreißig Jahren von den aufstrebenden BRICS-Staaten nachhaltig überholt zu werden. Wir müssen uns vermehrt auf Wissensarbeit anstatt auf Produktionsarbeit stürzen. Und auf Zusammenarbeit.
Österreich alleine ist mit seinem bescheidenen Beitrag zur Weltwirtschaft nur Zuschauer auf der Weltbühne. Wir können niemandem etwas vorgeben und selbst nur wenig beeinflussen, was außerhalb unserer Grenzen passiert. Und das ist immerhin die Mehrheit unserer Wirtschaftsleistung. In Zusammenhang mit der Europäischen Union sind wir eine Weltmacht. Und eine ziemlich große noch dazu. Klar gibt es in der EU hier noch zu viele Dinge, die schief laufen aber das ändert man nicht mit Abschottung sondern mit Anteilnahme und konstanter Verbesserung.
Das Kürzen oder gar Streichen der Universitäts-Budgets durch Schwarz-Blau mit der schönen Bezeichnung "Automomie" war meiner Meinung nach nicht förderlich. Hol' dir dein Geld selber sorgt nämlich dafür, dass Grundlagenforschung, die nicht durch Industrie co-finanziert wird, stirbt. Drittmittel aus der Industrie bestimmen die Forschungsrichtung der Universitäten und nicht der Forscherdrang unserer Experten.
Zum Teil hatte das durchaus auch gute Seiten. Jedoch kommen uns die negativen Auswirkungen mit Jahrzehnte Verspätung teuer. Viele Forscher und Projekte sind aus Österreich abgewandert und die bekommen wir auch nicht mehr zurück. Einzig das gehypte IST wird so finanziert, dass ich internationale Spitzenforschung abseits von der direkten Anwendbarkeit in der Industrie entwickeln kann.
Dass unsere Schulabgänger keine internationalen Spitzenleistungen schaffen ist besorgniserregend. Hier erfordert es dramatische Kurskorrekturen abseits von den meiner Meinung nach kontraproduktiven Schreien nach Tablets in Volksschulen und so weiter.
Aus diesen und vielen anderen Gründen sollten wir interessante Ideen diskutieren, wie wir die Zukunft wesentlich besser gestalten können anstatt alte Muster weiter- oder wiederzuverwenden beziehungsweise sogar rückwärtsgerichtet agieren.
Mehr Objektivität bei der Wahlentscheidung
Ich kann nur dazu aufrufen, das tagespolitische Geplänkel und vor allem die Propaganda durch Facebook und anderen sozialen Medien zu meiden.
Ein objektiverer Ansatz kommt von sogenannten Wahlhelfern. Beispielsweise Neuwal.com oder die Wahlkabine bieten Fragen an, die man selbst beantwortet. Danach sieht man die Übereinstimmungen mit den Wahlprogrammen der Parteien. Ich empfehle für das Ausfüllen von solch sensiblen Dingen die Verwendung vom Tor Browser, damit niemand deine detaillierte politische Meinung geschenkt bekommt.
Wahlprogramme sind keine Garantie für Umsetzung. Jedoch müssen sich Parteien in Wahlprogrammen zu einer Richtung bekennen und man kann sie danach messen. So mancher Anhänger vom HC Strache würde sich wundern, wenn er wüsste, was seine Partei alles so im Programm fordert. Und dabei meine ich noch gar nicht das grundsätzliche Unvermögen, dass sich deren Zahlen teilweise rein additiv nicht ausgehen.
Als ich mehrere Wahlhelfer ausprobiert habe stellte ich fest, dass die ÖVP die FPÖ an rechten Themen noch weiter rechts überholt, als ich ohnehin schon befürchtet habe. Wenn die sich durchsetzen, können wir dieses schöne Land noch länger nicht auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten, da Blau-schwarz eben nicht die relevanten Themen entsprechend angehen. Ganz im Gegenteil, wie ich finde.
Wir haben ein schönes Land. Uns geht es gut. Die Gefahren, die uns Facebook und die Medien einreden wollen sind nicht so relevant wie ihre Darstellung. Wir leben im Gegensatz zu den Behauptungen von den Rechten in der sichersten Zeit, die die Menschheit (auch in Österreich) bislang hatte, wir sind im Vergleich zu anderen Ländern reich, wir haben eine noch halbwegs intakte Umwelt, wir hätten gute Voraussetzungen, uns international kompetitiv zu entwickeln.
Mein Aufruf ist also, sich nicht vom Wahlkampfgeschehen blenden zu lassen und auf die Inhalte zu achten. Und dann das Beste hoffen.
Das Schlimmste ist, wenn man aus Protest eine Partei wählt, die nur gegen Dinge ist oder wenn man nicht zur Wahl geht.