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Wunschfiliale der Österreichischen Post - ein Leidensbericht

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Update 2015-11-04: Antwort der Post.at

Update 2016-01-08: Nur für eingeschriebene Briefe

Mein Haus ist in einem Bezirk, dessen Postamt 3,13 Autokilometer von mir entfernt liegt. Der Postpartner vom Nebenbezirk ist allerdings nur 720 Meter entfernt. Da die Österreichische Post einen Dienst namens Wunschfiliale anbietet, bei dem man seine Filiale frei wählen kann, liegt es also nahe, dass ich meine Filiale auf den Postpartner ums Eck wechsle.

Und so stelle ich mir die Vorgehensweise vor: ich gehe zu meinem Postpartner, teile ihm meinem Wechselwunsch mit, zahle gegebenenfalls einen Einmalbeitrag und die Sache ist für immer erledigt.

Schauen wir uns mal gemeinsam an, was unsere liebe Post daraus gemacht hat. Es lohnt sich.

Beim Postpartner

Die nette Dame beim Postpartner musste mich nach Vorbringung meines Ansinnens leider enttäuschen. Ich soll mich zur Postfiliale begeben, die werden dass dann direkt im Computer machen können, was sie nicht kann.

In der Postfiliale

Wunschfiliale ist kein Problem. Jedoch benötige ich dafür einen Online-Account. Wenn ich den noch nicht habe, kann ich den einfach am Computer daheim erstellen. Ohne dem können Sie mir leider nicht helfen.

Daheim am Computer

Accounterstellung im Internet sollte ja kein Problem sein.

Nebenbei: Dreiunddreißig verschiedene Titelformen im Dropdown! Willkommen in einer traditionell österreichischen Institution. Und das waren nur die vorangestellten Titel. Fehlt nur noch, dass eine Eingabe in diesem Feld für jeden Kunden verpflichtend ist :-)

Passworteingabefelder - einen separaten Blog-Artikel allemal wert - haben so ihre Subkultur. Die einen verraten vorher, welche siebenunddreißig Arten von Zeichen vorkommen müssen. Die anderen lassen dich mal über ein tolles Passwort nachdenken und schreiben dir im Nachhinein, dass das kein gültiges Passwort ist. Zurück an den Start. Ist schon ein Fortschritt, wenn man danach einen Hinweis auf die verlangten Zeichen geben. Die Post hat so ein Passwortfeld der letzten Art.

Nebenbei: Erst nach der zweiten Bestätigung der eingegebenen Daten wird überprüft, ob die Person denn überhaupt alt genug ist.

Naja. Bin schon gewohnt, dass Usability-Kenner bei solchen Dingen nicht im Einsatz sind.

Danach muss man seine Ausweisdaten eingeben und wird aufgefordert, die Zusammenfassungsseite auszudrucken und in einer Postfiliale bestätigen zu lassen.

Das Datumsfeld vom Ausstellungsdatum des Ausweises hat auch so seine Tücken. Aber das wird vom Benutzer bereits erwartet, wenn man es schon soweit geschafft hat.

Also ausdrucken und wieder mal auf die liebe Post.

Übrigends habe ich bei der Gelegenheit gelernt: nicht alle Postämter schließen um 18 Uhr. Manche gemeinerweise um 17:30.

In der Postfiliale

Die nette Dame am Schalter prüft meinen Ausweis und den Zettel. Sie findet doch tatsächlich einen Zahlendreher im Ausstellungsdatum von meinem Ausweis. Bei den Wirren der Eingabeführung habe ich doch tatsächlich das vorgegebene Format nicht zustandegebracht.

Na, da kann sie jetzt nichts machen - ich soll mich nach Hause begeben und die Daten korrigieren.

Hier wurde ich ein klein wenig unwirsch und fragte nach, ob sie denn nicht in der Lage ist, das hier und jetzt zu korrigieren. Nach einiger Suche fand sie dann auch tatsächlich eine Möglichkeit, das in der Filiale zu ändern.

Das sparte mir durchaus Aufwand.

Nachdem die Post mir nun glaubt, dass ich ich bin, wollte ich nun die Wunschfiliale festlegen. Doch weit gefehlt: das kann man nur Online erledigen. In der Postfiliale kann ich die Wunschfiliale nicht einrichten.

Das muss man sich nun auf der Zunge zergehen lassen. Ich fühle mich schön langsam ziemlich ver.... und suche nach versteckten Kameras.

Daheim am Computer

Die Navigation auf der Webseite der Post möchte ich mir mit der bisherigen Erfahrung erst gar nicht antun. Mit der Suche komme ich glücklicherweise direkt zur Seite der Wunschfiliale.

Mit "Jetzt Wunschfiliale in Ihrer nächsten Postfiliale festlegen" sehe ich das Ende am Tunnel auf mich zukommen. In der darauf folgenden Filialsuchseite finde ich auch meine Wunschfiliale über die eingebundene Google Maps Karte. Doch weit und breit keine Möglichkeit, die mühsam gefundene Filiale als die gewünschte auszuwählen oder gar zu bestätigen.

Also zurück auf die vorgehende Seite. Hinter "Zur Wunschfiliale" finde ich dann doch den Wunschfilialenauswahlprozess. Ein Hoch auf das Benamsen von Buttons.

Ein weiteres Post-Webformular - ach wie schön!

Wow, ich kann mich sogar per Email oder SMS von Zusendungen benachrichtigen lassen. Ein toller Service, wenn man schon vor dem Heimkommen wegen der Zustellung eines offiziellen Schriftstücks auf die Post gelotst werden kann.

Aber was ist das denn? Ich muss einen Zeitraum mit "Von" und "Bis" angeben. "Von" ist einfach ausgesucht: das nächste Datum, das zur Auswahl steht. Aber bei "Bis" hätte ich gerne die Unendlichkeit ausgesucht. Schließlich ändert sich meine Postfilialensituation nicht wieder so rasch.

Ich probier's mal mit 1.1.2099 und erhalte ein rotes "zeitraum-error-max" unterhalb vom Eingabefeld. Aha. Ob mit dieser Meldung auch meine Eltern zurechtkommen würden? Wieder mal ein Formatproblem? Ich wähle ein fernes Datum mit dem Date-Picker aus und es ändert sich nichts an dem roten "zeitraum-error-max". Ist nun die zweite Angabe ebenfalls falsch oder ist die Meldung nur nicht verschwunden?

Dreimal darfst du raten ...

Nun gut. Ich gehe Jahrzehnt für Jahrzehnt wieder Richtung Gegenwart und staune nicht schlecht, dass ich sogar 2020 nicht eingeben darf.

Das Spiel gebe ich nach einigem Herumprobieren auf und beschließe, zur nächsten Post-Hotline-Zeit einen Mitarbeiter zu fragen, was ich denn hier angeben kann. Das Formular verrät es mir nicht.

Die Hotline-Anfrage

Nach ein paar Minuten Wartezeit mit wirklich nerviger Vintage-Computermusik meldete sich eine Mitarbeiterin. Ich brachte ihr mein Anliegen vor (Déjà vu).

Sie meinte nur, dass die maximale Dauer bei fünf Jahren liegt. Da ich für den Dienst zahlen muss, fragte ich nach, ob ich denn nicht die Filiale "für immer" ändern kann.

Die erstaunte Mitarbeiterin meinte dann, dass es noch nie jemanden gegeben hätte, der länger als fünf Jahre seine Filiale geändert haben will.

Ebenfalls erstaunt erwiderte ich, dass ich das jetzt nicht ganz glauben kann.

Daraufhin sagte sie wörtlich "Dann bin ich halt deppat" und legte einfach auf.

Ui, das passierte mir noch nie. Die hat mich einfach aus der Hotline geschmissen. Dabei war ich noch nicht mal ungehalten, obwohl ich inzwischen große Lust dazu hätte.

Ein Hoch auf die Mitarbeiter der Post. Da arbeiten Profis.

Wieder am Computer

Nach wie vor etwas verdattert machte ich mich wieder mal ans Werk und füllte - inzwischen als Post-Webseitenformular-Experte - alle Felder nochmal aus. Diesmal wählte ich sicherheitshalber eine Woche kürzer als fünf Jahre von jetzt. Man kennt ja die Softwareentwickler.

Zu meinem Erstaunen funktionierte das ebenfalls nicht, wie mir das freundlich rote "zeitraum-error-max" visualisierte.

Ratlosigkeit.

Ich machte mich dann daran, mein Anliegen schriftlich beim Kontaktformular der Post vorzubringen. Und gleich darauf noch eine Beschwerde wegen des Hotline-Vorfalls.

So, jetzt ist mir ein wenig besser und ich bin wieder gespannt auf die Antwort.

Doch beim abschließenden Herumsurfen auf der Wunschfilialenseite fand ich "Tarife", wo ich nach dem Aufklappen des selbigen sehe, dass mich die Wunschfiliale für ein Jahr(!) die sieben Euro neunzig kosten. Aha. Hier war die Information also versteckt!

Na toll, also jährlich die rund acht Euro zahlen.

Die Hotline-Mitarbeiterin war also nicht nur extrem unfreundlich, sondern lag auch noch falsch.

Immerhin - ich wusste nun, wie ich das dämliche Webformular befriedigen kann. Und ja, es funktionierte! Bezahlen mit meiner MasterCard. Da wurde ich - wie so oft - auf eine eingebettete Kreditkartenbezahlseite umgeleitet und konnte dort meine Kreditkartendaten eingeben. Interessanterweise kam danach ein weiteres Fenster, das mich (wieder mal) zum Aktivieren des unsäglichen SecureCode auffordert. Das möchte ich aus guten Gründen nicht. Also lehnte ich die Aktivierung ab. Wohlgemerkt nach Eingabe aller Kreditkarteninformationen eine Seite davor. Danach bekam ich eine schnöde Fehlermeldung und landete wieder bei der Postseite.

Also kann ich das Bezahlen mit der Kreditkarte dort auch vergessen, wie auf zu vielen anderen Seiten im Netz.

Überraschenderweise erhielt ich gleich darauf eine Auftragsbestätigung der Post per Email. Darin wird bestätigt, dass die Wunschfiliale geändert wird.

Aha.

Meine Kreditkarte wurde aus derzeitiger Sicht nicht belastet und so bekam ich endlich den Service - sogar kostenlos, wie's eventuell scheint. Es hat mich aber etliche Stunden meiner Zeit und viele Nerven gekostet. Insofern ist kostenlos nicht gleich gratis. Oder so.

Für diejenigen, die aufmerksam gelesen haben und sich fragen: Nein, nach Tagen immer noch keine Antwort auf meine beiden Webanfragen.

Fazit

Lassen wir meine ursprüngliche naïve Annahme nochmal Revue passieren:

Und so stelle ich mir die Vorgehensweise vor: ich gehe zu meinem Postpartner, teile ihm meinem Wechselwunsch mit, zahle gegebenenfalls einen Einmalbeitrag und die Sache ist für immer erledigt.

Wenn's wirklich wichtig ist: sicher niemals mit der Post.

Antworten von Post.at

Auf meine Beschwerde wegen der Hotline-Mitarbeiterin bekam ich:

Sehr geehrter Herr Dr. Voit,
vielen Dank für Ihr Schreiben.
Der maximale Zeitraum für die Einrichtung der Wunschfiliale ist ein Jahr. Nach Ablauf des Jahres werden Sie erinnert und Sie können den Zeitraum verlängern. Das Entgelt wird einmal jährlich abgebucht.
Es tut uns sehr leid, dass Sie sich von einer Mitarbeiterin unseres Kundenservices nicht freundlich betreut gefühlt haben. So etwas ist äußerst unangenehm und deshalb möchte ich mich bei Ihnen im Namen der Österreichischen Post AG entschuldigen.
Nach dem Erhalt Ihrer Nachricht haben wir uns sofort mit unserem Vorgesetzten in Verbindung gesetzt und ihn gebeten, diesem Vorfall intern nachzugehen und mit der Mitarbeiterin ein klärendes Gespräch zu suchen.
Ihnen möchten wir herzlich für Ihre Offenheit und die Schilderung des Vorfalls danken. Unser Unternehmen möchte unsere Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt stellen und deshalb helfen uns die Rückmeldungen unserer geschätzten Kundinnen und Kunden, um unser Service zu verbessern.
Mit freundlichen Grüßen, [...]

Die Post.at sendete mir nach der ganzen Geschichte ein für mich nicht lesbares Email. Ich habe meinem Unmut schriftlich zum Ausdruck gebracht und einen Link zu meinem Blog-Beitrag mitgeschickt.

Daraufhin bekam ich sogar dazu eine Antwort:

Sehr geehrter Herr Dr. DI Voit,
vielen Dank für Ihre Antwort auf unsere Kundenzufriedenheitsbefragung.
Wir vom Kundenservice der Österreichischen Post AG führen regelmäßig Kundenzufriedenheitsbefragungen durch, um aus Ihren Rückmeldungen zu lernen und unsere Services stetig zu verbessern.
Dass Sie bei der Erstellung Ihres Post-Online-Accounts und in Folge auch bei der Beauftragung Ihrer Wunschfiliale offenbar derartige Probleme hatten, tut uns wirklich sehr leid.
Ergänzend zu den bereits beantworteten Beschwerdepunkten (siehe Attachment), möchten wir Sie noch auf die Informationen zum Produkt Wunschfiliale auf unserer Homepage verweisen: https://www.post.at/privat_empfangen_brief_wunschfiliale.php. Aus denen geht unter anderem auch hervor, dass es sich um ein reines Onlineprodukt handelt, dass die maximale Gültigkeit mit einem Jahr befristet ist und 07,90 EUR kostet.
Die Zahlungsbedingungen für unsere Online Produkte finden Sie hier: https://secure.post.at/online-services/zahlungsbedingungen - bezüglich des erwähnten Secure Codes wenden Sie sich bitte an Ihre Kreditkartenfirma, welche diese Daten verlangt.
Ihre Wunschfiliale 2346/9115 ist seit 21.10.2015 gültig - gerne werden wir daher die folgenden Sendungsarten an Ihre Postfiliale 8035 Graz weiterleiten:
- eingeschriebene Briefsendungen - nicht bescheinigte Auslandssendung mit Nachnahme - nicht bescheinigte Zollsendungen - Postaufträge
Wir hoffen, Sie ausreichend informiert zu haben und sind bei weiteren Post-Themen auch wieder gerne für Sie da.
Mit freundlichen Grüßen, [...]

Wunderbar formulierte Antwort zur Beruhigung der Situation. Hier wurde gut offenbar geschult.

Meine Hauptkritikpunkten sind durch dieses Email nicht entkräftet, nur erklärt. Ich sehe nach wie vor dringendes Verbesserungspotential beim Workflow als auch bei der Webseite.

Der Verweis auf meine Kreditkartenfirma ist interessant. Die meisten Webshops kommen wunderbar ohne SecureCode aus. Wieso werde ich bei einigen Webshops nach SecureCode gefragt? Wenn du da eine Antwort hast, so freue ich mich über ein Kommentar!

Update 2016-01-08: Wunschfiliale beinahe sinnlos

Nachdem ich nun auch ein Paket per Post bekomme und dies laut gelben Zettel auf meiner alten Postfiliale auf mich wartet, habe ich wieder mit der Post telefoniert. Dabei habe ich erfahren, dass ich noch etwas nicht mitbekommen habe: die kostenpflichtige Wunschfiliale ist beinahe sinnlos, da es nur für eingeschriebene Briefe (und keine Pakete) nützt.

Alle Pakete landen beinhart immer in der selben Postfiliale und das kann man auch nicht ändern.

Wenn ich das gleich gewusst hätte, hätte ich mir die Prozedur nicht mal im optimalen Fall angetan. Ich kann nur davon abraten.

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