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Terrorkompetenz

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Schauen wir uns die aktuelle Sachlage mal an.

Bei den schrecklichen Mordanschlägen in Paris letzten Freitag war zumindest einer der Täter den Diensten bestens bekannt. Wie ich in den Nachrichten höre, musste er sich wöchentlich bei der Polizei melden, während er auf einen Prozess wegen Terrorverdacht wartete. Diese Maßnahme wird als Alternative zur Untersuchungshaft verhängt, wenn keine unmittelbare Fluchtgefahr besteht oder so.

Nun war es aber so, dass er sich dieser Pflicht widersetzte und stattdessen nach Syrien gereist ist.

Schon interessant, dass das so problemlos möglich war. Aber nicht nur das: er kam wieder zurück und reiste ganz normal ein.

Was schließen wir daraus?

Frankreich hat die Vorratsdatenspeicherung, ein ziemlich dichtes Netz an Videoüberwachung, verschärfte Geheimdienstbefugnisse und wurde bereits mehrfach durch Terroranschläge "sensibilisiert". Schlechteste Voraussetzungen für Terroristen und beste für die Dienste, würde man meinen.

Trotzdem konnte dieser Terrorist und vermutlich mindestens fünf weitere zusammen eine Serie von Anschlägen planen und quasi ungehindert durchführen.

Nicht nur, dass die Behörden offenbar unfähig sind, eine extrem eindeutig verdächtige Person zu beobachten, sie schaffen es auch nicht, sie beim Aus- und wieder Einreisen festzunehmen.

Und die übliche Reaktion? Weniger Freiheit und noch mehr Einschränkung für alle Europäer natürlich nur im Sinne unserer Sicherheit.

Terroristen werden durch Vorratsdatenspeicherung oder Staatsschutzgesetz offenbar nicht effizient gefunden. Die Behörden versemmeln die Sache ja bereits auch dann, wenn sie einen Terroristen entdeckt haben.

Durch Einschränkung unserer Grundrechte, Ausrufen eines totalen Krieges, durchpeitschen von sinnlosen Staatsschutzgesetzen, Schuldzuweisen an vollkommen Unschuldige, und so weiter macht man die Arbeit der Terroristen: Terror an der Bevölkerung, Terror an uns.

Daniel Lin formulierte es so:

What we know about Paris terrorists:
- Not Syrian - Not refugees - No encryption
What the US is focusing on:
- Syrians - Refugees - Encryption

Man könnte beinahe auf den Gedanken kommen, dass unsere Behörden, die Regierungen und die Terroristen ein gemeinsames Ziel verfolgen.

Ich finde, dass die Behörden und Regierungen nicht einen totalen Überwachungsstaat weiter anstreben sollen. Sie sollen sich auf die erfolgversprechende Arbeit konzentrieren: die Quellen der Unzufriedenheit möglichst grundlegend trocken legen und klassische Polizeiarbeit machen statt umfängliche Bytesjagt nach deinen und meinen Daten. Schließlich haben die Paris-Attentäter ganz offen auf Facebook und per SMS ihre Pläne koordiniert: keine Verschlüsselung, kaum Geheimniskrämerei. Frankreich hat bereits flächendeckende SMS-Überwachung! Also nutzt weiteres Einschränken unserer Rechte nichts.

Es gibt Stimmen, die meinen, eine gesunde, freie Gesellschaft muss die fürchterlichen Taten einiger Weniger zu einem gewissen Grad akzeptieren können. Die Alternativen wären nämlich Unfreiheit und das Einschränken Aller. Das klingt zuerst einmal ziemlich radikal oder gar fatalistisch. Wenn man sich das aber genau durchdenkt, finde ich durchaus gute Argumente dafür.

Wenn wir schon bewiesenermaßen unwillig oder unfähig sind, Konfliktherde an ihrer Quelle zu verhindern oder zu bekämpfen, so sollten wir die daraus resultierenden Wahnsinnstaten von Kriminellen durch unseren Umgang damit keinesfalls weiter anstacheln.


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